Das beste Verkehrsmittel, sowohl was Preis als auch Zuverlässigkeit betrifft, sind in Georgien die Marschrutkas. Es sind Kleinbusse die überall hinfahren, überall halten und überaus flexiblen Fahrplänen folgen. Möchte man irgendwohin und weiß nicht wie, dann spricht man irgendwen auf der Straße an, nennt den Ort, wo man hinmöchte, zusammen mit dem Wort "Marschrutka", und wird dann häufig bei der Hand genommen und dorthin geführt, wo die in Frage kommende Matruschka mit großer Wahrscheinlichkeit vorbeikommen wird oder bereits wartet. Diese Marschrutkas sind häufig umfunktionierte Lieferwagen deutscher Provenienz, die noch die Originalaufschrift tragen: Brötje Heizung, Haag Therm Kachelgrundöfen, Insektenschutz Müller, Malermeister Klawuttke. Seit ich wieder zurück in Berlin bin, sehe ich den hiesigen Autoverkehr mit ganz neuen Augen. Lauter potentielle Marschrutkas mit Aussicht auf ein zweites Leben in Georgien, fröhliche Botschaften aus Deutschland verbreitend.Einmal reisten wir auch mit einem größeren Überlandbus mit mangelhafter Frischluftzufuhr aber um so besser funktionierender Beschallungsanlage. Gezeigt wurde ein russisches Gewaltvideo, in dem es um einen Boxer ging, der sich besoffen durch die russische Unterwelt prügelt, und sich irgendwann in eine Violinistin verliebt. Von der Violinistin sah und hörte man aber leider nicht sehr viel. Es wurde eigentlich nur (auf russisch) geprügelt, gebrüllt und geschrien. In Überlautstärke. Diese Fahrt war definitiv der Tiefpunkt der ganzen Reise. Immerhin machte der Bus eine halbstündige Rast irgendwo in der kolchischen Ebene, wo man sich von den Strapazen leidlich erholen konnte. Auf diesem Rastplatz begann ich dann über das Wort "EG-Zerlegebetrieb" nachzudenken.Die Zugfahrt von Batumi nach Tblissi machte dagegen großen Spaß. Ohne es so gewollt zu haben bekamen wir ein Liegeabteil zugewiesen, in dem es sich völlig entspannt reisen ließ. Ich weiß nicht, ob alle Abteile so beschaffen sind, oder ob das ein Kommunikationsfehler war. Bemerkenswert war, dass wir für diese Zugfahrt dreimal den Pass vorzeigen mussten (sonst nie): einmal beim Ticketkauf, einmal beim Einsteigen, und zum Schluss kam noch eine Kontrolle. Vielleicht lag es daran, dass der Zug noch nach Jerewan (Armenien) weiterfuhr, und man befürchtete, wir würden unsere Haltestelle verpassen. Ich vermute allerdings, dass es sich bei den vielen Kontrolleuren um langjährige Angestellte der Sowjetbahnen handelte, die aus Nostalgie eine gewisse Bürokratie pflegen. Freundlich und sogar zuvorkommend waren sie allesamt.Die U-Bahn in Tbilissi ist ein hilfreiches Verkehrsmittel auf manchen Strecken. Aufgrund des hügeligen Charakters der Stadt liegt sie mitunter sehr weit unter der Erde. Die Rolltreppe, die hinunterführt, hat eine Mordsgeschwindigkeit und benötigt dennoch oft mehrere Minuten. Viele machen es sich derweil auf den Stufen bequem.Didube, der zentrale "Bahnhof" für Überlandmarschrutkas in Tblissi, ist bequem per U-Bahn zu erreichen.Taxis gibt es natürlich auch in allen Größen und Formen (hier ein herrlicher "Wolga" aus Sowjetzeiten). Mitunter sind die Fahrer etwas schlitzohrig (wie überall auf der Welt), weshalb man den Preis vorab verhandeln sollte.Bedingt durch den gebirgigen Charakter des Landes ändert sich die Landschaft oft schlagartig. So wie hier auf der Zugfahrt von Batumi nach Tblissi, als sich ganz plötzlich diese steppige Halbwüste auftat. Aber nur für kurze Zeit - dann wurde es wieder grün.Darauf muss man gefasst sein: Immer wieder Schläge ins Gesicht durch irgendwelche Bausünden aus Sowjetzeiten. Selbst in der herrlichsten Bilderbuchlandschaft bleibt man davor nicht verschont. Oder sogar gerade da.Die Sprache ist ein großes Handicap, aber kein unüberwindbares. Die Jungen lernen neuerdings Englisch in der Schule, die Alten sprechen Russisch. Immer wieder trifft man auf jemanden, der Deutsch kann, und - ein interessantes Phänomen - vor Allem ältere Damen sprechen hin und wieder Französisch. Das Beste ist, man improvisiert mit unterschiedlichsten Sprachbrocken, Händen und Füßen, und kommt so zumeist weiter. Es ist gut und hilfreich, sich ein paar Brocken Georgisch anzueigenen, wie gamardschoba (als Begrüßung), madloba (danke), nachwammdiss (zum Abschied), usw.. Soviel Integration muss schon sein, auch während eines zweiwöchigen Urlaubs. Außerdem sollte man sich mit den Buchstaben vertraut machen, um wenigstens die Städtenamen auf den Marschrutkas entziffern zu können.Georgisch ist übrigens keine indogermanische, semitische oder sonstige gängige Sprache, sondern bildet eine eigene Sprachfamilie, die der kartwelischen Sprachen, und besitzt auch eine eigene Schrift. Auch noch so subtile Ähnlichkeiten zu irgendwelchen anderen Sprachen bestehen in keinster Weise - bis auf irgendwelches neuzeitliche Zeug wie "aeroporti". Und bis auf eine große Ausnahme: "gwino" heißt Wein. Sprachforscher haben befunden, dass das Wort gwino ein ur-kartwelisches Wort, und wohl der Stammvater von allen "vino", "Wein", "vine", "oinos" usw. ist. Und da die Weinrebe angeblich aus dem Kaukasus stammt, und da in Georgien die ältesten archäologischen Beweise für Weinbau gefunden wurden, die noch älter als die ägyptischen sind (7000 Jahre alte Tonkrüge, in denen der Wein unterirdisch aufbewahrt wurde - übrigens genauso wie heutzutage noch), spricht auch von daher einiges dafür, dass diese Theorie stimmt.Wer also denkt, weil er Latein könne, käme er überall durch, wird hier höchstens ein Glas Wein bestellen können ("erti tschika gwino"; tschika ist "Glas", erti ist "eins").Das georgische Essen ist ein absoluter Pluspunkt. Es ist schmackhaft, abwechslungsreich und bietet jeder Vorliebe etwas. Es werden viele Walnüsse verwendet, Knoblauch und vor Allem frische Kräuter, diese aber nicht als dekoratives grünes Gesprengsel wie hierzulande, sondern ganze Hände voll als wesentlicher Bestandteil des Gerichtes. Entsprechend frisch und würzig schmeckt es dann. Typisch sind auch Fruchtsaucen wie Brombeer- oder Pflaumensaucen, die aber nicht süß sind, sondern deftig und mitunter sehr, sehr gut. Auch als Vegetarier kommt man gut zurecht, wiewohl wir in diesem Urlaub relativ viel Fleisch aßen - einfach deshalb, weil es so viele interessante Gerichte gab, die wir ausprobieren wollten. Hier eine eher kleine Auswahl: Tomaten-Gurkensalat (übrigens sind die georgischen Tomaten die besten, die ich je bewusst aß), Putenfleisch in Walnusssauce (ein kaltes Gericht), Kalbfleisch in einer würzigen Kräuter-Gemüsesauce (warm), Maisbrote, normales (Fladen-)Brot - und guten, georgischen Wein (mit Weißwein hatten wir allerdings mehr Glück als mit Rotwein, der mitunter gewöhnungsbedürftig streng war).
Σάββατο 2 Ιουνίου 2012
Georgia Unterwegs
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